01.06.2012
GÜTERSLOH
Zwischen Freude und Sorge
VON ROLF BIRKHOLZ
Gütersloh. Seit 40 Jahren lebt
Sabri Aydin in Gütersloh, 60 Jahre alt wird er in diesem Jahr. Doch
wichtig ist dem syrisch-orthodoxen Pfarrer vor allem das an diesem
Samstag anstehende 25-jährige Bestehen "seiner" Gemeinde St. Stephanus.
Seinen schon im Oktober verstrichenen 25. Weihetag hängt der Priester
gleich noch mit dran. Beides gehört ja auch eigentlich zusammen.
Denn auf die von Sabri Aydin entscheidend vorangetriebene Gründung der Gemeinde St. Stephanus hin hatte ihn Seine Heiligkeit Moran Mor Ignatius Zakka I., Patriarch der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien, am 19. Oktober 1986 in Damaskus zum Priester geweiht. Im Jahr darauf erfolgte dann die offizielle Gemeindegründung, nach St. Maria an der Eichenallee die zweite dieser Glaubensgemeinschaft in Gütersloh. Später kam noch St. Lukas an der Diekstraße hinzu.
Sabri Aydin war 1972 mit 20 Jahren nach Gütersloh gekommen, erhielt Arbeit in der Möbelfabrik Flicker, eine Aufenthaltserlaubnis. Allein schon die Kirchtürme in Deutschland hätten ihn erfreut, sagt er, stamme er doch aus einem Land, aus dem Tur Abdin in der südöstlichen Türkei, wo Christen verfolgt worden seien. Er habe sich ein Lehrbuch gekauft und in kurzer Zeit im Selbststudium die Sprache erlernt.
Ein in Flüchtlingsfragen engagierter Rechtsanwalt, große Firmen als Arbeitgeber, aber auch die Politik der Stadt, viele Aramäer anzusiedeln, haben Gütersloh nach Aydin zu einem Siedlungsschwerpunkt seiner Landsleute werden lassen. So wurde bald der Wunsch nach einer weiteren Gemeinde laut. In ihrer alten Heimat sei die Kirche, auch als Versammlungsort, für die Aramäer "alles" gewesen, so der Pfarrer. "Es musste eine Lösung gefunden werden."
Man fand sie an der Hohenzollernstraße 53, wo auf einem ehemaligen Firmengelände zunächst 1988 ein Gemeindesaal und 1990 eine Kirche errichtet wurde. 2007 kam ein Erweiterungsbau hinzu. Von ursprünglich 90 ist die Gemeinde auf 412 Familien angewachsen. "Wir machen schon einiges hier bei uns", berichtet der Pfarrer vom täglichen Abendgebet, vom Sprachunterricht für Jugendliche, von der sehr aktiven Frauengruppe, nicht zuletzt von den aramäischen Sportvereinen.
Auch die ökumenische Zusammenarbeit, zum Beispiel im Gütersloher Christenrat, ist Sabri Aydin ein Anliegen. Es gebe längst auch ökumenische Trauungen. Mit Sorge erfüllt den Geistlichen die Lage der Christen im Nahen Osten, wo sie bei den Auseinandersetzungen als Minderheit oft zwischen den Fronten stünden.
Doch jetzt schaut Sabri Aydin erst einmal auf das Gemeindegründungsfest am morgigen 2. Juni. "Alle Nachbarn sind eingeladen", erwartet er ein volles Haus - wenn auch der aus Gütersloh stammende, in Warburg residierende Bischof Julius Hanna Aydin, ein Neffe des Pfarrers, wegen einer anderen Verpflichtung wohl nicht erscheinen könne.
nw-news.de
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