Die künftige Gedenkstätte beruht auf dem Gestaltungsprinzip der "Einheit in der Vielfalt": In drei "Häuser" gegliedert, doch durch eine gemeinsame Gedenkinschrift vereint, wird sie unter anderem die Alphabete und religiösen Symbole der jeweiligen Volks- und Religionsgruppe enthalten. Darüber hinaus unterstreicht das Konzept, dass Armenier, Aramäer und Griechen in den letzten Jahren der osmanischen Herrschaft nicht nur millionenfach ihr Leben verloren haben, sondern auch ihre seit Jahrtausenden angestammte Heimat. Die verlorenen Herkunftsorte werden symbolisch ebenso in die Gedenkstätte einbezogen wie Sträucher und andere Pflanzen aus der Flora Armeniens, Kleinasiens und Nordmesopotamiens, die das Überleben und die Wiedergeburt verkörpern sollen. Vor der Gedenkstätte werden zwei Tafeln die Besucher über die geschichtlichen Hintergründe der Gedenkstätte informieren.
Die Fertigstellung der neuen Gedenkstätte wird bis zum 24. April 2015 angestrebt. Dieses Datum markiert den 100. Jahrestag jener Polizeiaktion gegen armenische Politiker, Wirtschaftstreibende und Intellektuelle in Konstantinopel, mit der 1915 die Vernichtung der Armenier eingeleitet wurde.
Der Vorsitzende der "Fördergemeinschaft für eine Ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich", Amill Gorgis, erinnerte daran, dass Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Staatsgebiet der heutigen Türkei mehr als fünf Millionen Christen lebten. Im Windschatten des Ersten Weltkriegs wurden mehr als drei Millionen armenische, aramäische und griechische Christen auf Anordnung der vom jungtürkischen "Komitee für Einheit und Fortschritt" (Ittihad ve Terakki) gestellten osmanischen Regierung vernichtet, bei Massakern, auf Todesmärschen und durch Zwangsarbeit.
Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend Christen aus der Türkei sowie anderen Staaten des Nahen Ostens nach Deutschland gelangten, hätten sich unter diesen De-facto-Flüchtlingen viele Menschen befunden, die von Überlebenden des Genozids abstammen, so Gorgis. Sie alle habe das Bedürfnis geeint, an ihre ermordeten Vorfahren zu erinnern. Doch bisher hätten nicht nur in Berlin Orte gefehlt, an denen persönliche oder gemeinschaftliche Trauer möglich ist.
Nach einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema des Genozids im spätosmanischen Reich (Technische Universität Berlin, 2002) entstand das Organisationskomitee "Mit einer Stimme sprechen!", das 2008 die Initiative für einen ökumenischen Trauerort in der deutschen Hauptstadt ergriff. Dieses Vorhaben fand die Unterstützung der damaligen Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen, sowie der Gedenktafelkommission jenes Bezirks, der eng mit der armenisch-türkisch-deutschen Geschichte verbunden ist und in dem seit Jahrzehnten die beiden armenischen Gemeinden Berlins sowie eine der vier syrisch-orthodoxen Gemeinden der deutschen Hauptstadt ansässig sind. Durch die Vermittlung der Gedenktafelkommission des Bezirks wurde Kontakt zur Verwaltung des Luisenkirchhofs III hergestellt, die an prominenter Stelle - am Ende der Hauptachse des denkmalgeschützten Friedhofs - vier benachbarte historische Begräbnisstätten für einen Trauer- und Gedenkort zur dauerhaften Nutzung zur Verfügung stellte.
Von zusätzlicher Anziehungskraft ist dabei der Umstand, dass sich unweit das Grab eines Sohnes von Pfarrer Johannes Lepsius befindet. Lepsius, langjähriger Direktors der Deutschen Orient-Mission, ist durch seinen unermüdlichen Einsatz für die von Vernichtung bedrohten Armenier in die Geschichte eingegangen.
kathweb.at
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