Eine hochrangige Gruppe von Freunden und Mitarbeitern von Pro Oriente tagte vom 12.-14. Februar unter der Leitung des Salzburger Theologen Prof. Peter Hofrichter im Bildungshaus der Pallottiner in Wien XIII. Zielsetzung dieser Gruppe, der auch der armenisch-orthodoxe Erzbischof Mesrob Krikorian, Professor Msgr. Philipp Harnoncourt und der Präsident der Stiftung, Dr. Johann Marte, angehören, ist es, neue Denkanstöße für den ökumenischen Dialog zu geben und Modellen für eine zunehmende Gemeinschaft der Christen zu erarbeiten. Unter den Teilnehmern der aktuellen Tagung befanden sich auch der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo Mor Gregorios Y. Ibrahim, der koptisch-orthodoxe Generalbischof für Deutschland, Anba Damian und Prof. Dr. Baby Vargese aus Kerala von der indisch-orthodoxen Kirche. Die Gruppe diskutierte die Möglichkeit, den in der Vergangenheit höchst erfolgreichen inoffiziellen Dialog mit den Altorientalischen Kirchen wieder zu beleben und diesbezüglich mit dem neuen koptisch-orthodoxen Patriarchen Tawadros II. in Kontakt zu treten.
Die beiden orientalischen Bischöfe berichteten von der rapide zunehmenden Existenzbedrohung der Christen in Syrien und Ägypten und der humanitären Katastrophe in Syrien.
In
Syrien werden zunehmend Christen gekidnappt, um Geld zu erpressen.
Vertreibungen von Christen sind an der Tagesordnung, Zuletzt wurden achtzig
christliche Familien aus einem Dorf am Euphrat aus ihren Häusern vertrieben.
In informellen Gesprächen informierte Metropolit Mor Gregorios Y. Ibrahim über
folgende Vorschläge und Wünsche der christlichen Kirchen in Syrien:
1.
Sofortiger Waffenstillstand
2.
Zulassung humanitärer Hilfe
3.
Aufnahme von Verhandlungen zwischen von Verhandlungen und über die Zukunft
Syriens
4.
Wiederherstellung der traditionell guten Beziehungen zwischen Christen und Muslimen.
5.
Die Christen lehnen jede militärische Intervention von außen ab.
In
Ägypten wird es den Christen durch Ausschluss aus dem Erwerbsleben zunehmend
unmöglich gemacht, Familien zu Gründen, sodass man von einer zunehmenden
Marginalisierung und Diskriminierung der christlichen Bevölkerung sprechen
kann. Außerdem werden laufend junge Mädchen und junge Frauen entführt,
zwangsverheiratet und zu Annahme des Islam gezwungen. Christen sind faktisch
vogelfrei und weder durch entsprechende Gesetze noch durch die Polizei
hinreichend geschützt. Die Christen in Ägypten fordern gleiches Recht für alle
Bürger.
Wien, 14. Februar 2013, Peter Hofrichter und
Hans Marte (Präsident)
Erich
Leitenberger:
„Pro
Oriente“: Sorge über die „rapide zunehmende Existenzbedrohung der Christen in
Syrien und Ägypten“
Hochrangige Gruppe von „Freunden und
Mitarbeitern“ der Stiftung tagte in Wien – Der in der Vergangenheit höchst
erfolgreiche inoffizielle Dialog mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen soll
neu belebt werden
Wien,
15.02.13 (poi) Die Stiftung „Pro Oriente“ ist besorgt über die „rapide
zunehmende Existenzbedrohung der Christen in Syrien und Ägypten. Dies wird in
einer Presseerklärung einer hochrangigen Gruppe von „Freunden und Mitarbeitern
von ‚Pro Oriente’“ betont, die von 12. bis 14. Februar unter der Leitung des
Salzburger Theologen Prof. Peter Hofrichter im Wiener Bildungshaus der
Pallottiner zusammengetroffen war. Zielsetzung dieser Gruppe, der auch der
Grazer Theologe Prof. Msgr. Philipp Harnoncourt, der armenisch-apostolische
Erzbischof Mesrob Krikorian und „Pro Oriente“-Präsident Hans Marte angehören,
ist es, „neue Denkanstöße für den ökumenischen Dialog“ zu geben und „Modelle
für eine zunehmende Gemeinschaft der Christen“ zu erarbeiten. Unter den
Teilnehmern der Tagung in Wien waren auch der syrisch-orthodoxe Metropolit von
Aleppo, Mar Gregorios Youhanna Ibrahim, der koptisch-orthodoxe Generalbischof
für Deutschland, Anba Damian, und Prof. Baby Varghese von der
indisch-orthodoxen Kirche. Die Gruppe diskutierte die Möglichkeit, den in der
Vergangenheit höchst erfolgreichen inoffiziellen Dialog mit den
orientalisch-orthodoxen Kirchen neu zu beleben und diesbezüglich mit dem neuen
koptisch-orthodoxen Papst-Patriarchen Tawadros II. in Kontakt zu treten.
Mar
Gregorios und Anba Damian berichteten von der dramatischen Situation der
Christen in Syrien und Ägypten. In Syrien würden zunehmend Christen gekidnappt,
um Geld zu erpressen. Vertreibungen von Christen seien an der Tagesordnung,
erst vor wenigen Tagen seien 80 christliche Familien aus einem Dorf am Euphrat
aus ihren Häusern verjagt worden. Der Metropolit von Aleppo skizzierte ein
Fünf-Punkte-Programm der christlichen Kirchen in Syrien: Sofortiger
Waffenstillstand, Zulassung humanitärer Hilfe, Aufnahme von Verhandlungen
zwischen den Konfliktparteien über die Zukunft Syriens,Wiederherstellung der
traditionell guten Beziehungen zwischen Christen und Muslimen, Ablehnung jede
militärischen Intervention von außen.
In
Ägypten werde es den Christen durch Ausschluss aus dem Erwerbsleben zunehmend
unmöglich gemacht, Familien zu gründen, berichtete Anba Damian. Man könne von
einer zunehmenden Marginalisierung und Diskriminierung der christlichen
Bevölkerung sprechen. Außerdem würden laufend Mädchen und junge Frauen entführt,
zwangsverheiratet und zur Annahme des Islam gezwungen. Christen seien faktisch
vogelfrei und weder durch entsprechende Gesetze noch durch die Polizei
hinreichend geschützt. Die Christen in Ägypten forderten gleiches Recht für
alle Bürger, die umfassende Religions- und Gewissensfreiheit als Basis aller
Menschenrechte müsse endlich anerkannt werden. (forts)
Für
„runden Tisch“ aller Konfliktparteien in Syrien
Für
Mar Gregorios steht außer Zweifel, dass nur ein „runder Tisch“ aller
Konfliktparteien nach einem Waffenstillstand und der Zulassung humanitärer
Hilfe Syrien retten kann. Nach Ansicht des Metropoliten sollte man zur
Verfassung von 1953 zurückkehren, die nur eine eingeschränkte Machtposition für
den Präsidenten vorsah. Eine Konzentrationsregierung sollte Repräsentanten
aller politischen, religiösen und gesellschaftlichen Gruppen umfassen. Die
Entscheidung über die Staatsspitze sollte den für 2014 vorgesehenen Wahlen
vorbehalten bleiben.
Entschieden
ist Mar Gregorios gegen jede militärische Intervention von außen. Eine solche
Intervention würde die bewaffneten Auseinandersetzungen zu einem Bürgerkrieg im
eigentlichen Sinn verschärfen, letztlich könnte es zu einer Teilung des Landes
kommen.
Auch in Wien wies der Metropolit von Aleppo
die gängige Vorstellung zurück, die Christen hätten sich auf die Seite der
Assads gestellt. Vor dem Beginn der Auseinandersetzungen im März 2011 hätten
die Kirchenführer – so wie die Repräsentanten aller anderen religiösen
und ethnischen Gruppen in Syrien – bei offiziellen Anlässen den Präsidenten und
die Regierung gepriesen, weil das säkulare System der Assads auch den Christen
Entfaltungsmöglichkeiten bot. Nach dem Beginn der bewaffneten
Auseinandersetzungen habe sich die übergroße Mehrheit der Christen für eine
bewusst friedliche Haltung entschieden. Nur kleine Minderheiten stünden jeweils
auf der Seite der Regierung oder hätten sich der Opposition angeschlossen.
(forts)
Düsteres
Bild aus Ägypten
Der
koptische Generalbischof Anba Damian zeichnete im Gespräch mit dem „Pro
Oriente“-Informationsdienst ein düsteres Bild der Situation der Kopten in
Ägypten: Die Sicherheit der Kopten sei nicht gewährleistet, tagtäglich komme es
zur Entführung, Vergewaltigung und Zwangsislamisierung koptischer Mädchen,
Frauen ohne Kopftuch würden bedroht, koptische Geschäftsinhaber und
Hausbesitzer unter den Augen der Behörden vertrieben, Kirchen in Brand
gesteckt. Für alle diese Übergriffe gebe es weder Entschuldigungen noch
Wiedergutmachungen oder Schadenersatz. Von den Sicherheits- und Justizbehörden
würden die „aggressiven Taten der Islamisten“ systematisch unter den Teppich
gekehrt, es gebe keine Prozesse gegen die Täter und ihre Hintermänner. Die
Situation sei heute „noch schlimmer als unter Mubarak“, als es nur
„gelegentlich“ zu Pogromen gegen die Kopten gekommen sei. In diesem
Zusammenhang bedauerte der für Deutschland zuständige koptische Bischof, dass
die „weltweite Reaktion auf die nahezu täglichen Vergewaltigungen koptischer
Mädchen im Vergleich zur berechtigten Aufregung über die Vergewaltigung einer
indischen Studentin in einem Bus in New Delhi doch sehr blass“ ausfalle. Dazu
komme, dass sich die Islamisten eine Interpretation von Koran und Sharia
zurechtgelegt hätten, wonach ein Muslim für eine Straftat nicht bestraft werden
könne, wenn das Opfer Christ ist.
Die
Verantwortung fange „ganz oben“ an, unterstrich Anba Damian. Präsident Mursi
wolle im Grunde aus Ägypten „ein Kalifat“ machen, die islamischen Regeln aus
dem 7. Jahrhundert würden von ihm als tauglicher Rahmen für einen modernen
Staat im 21. Jahrhundert angesehen, die wichtigsten Posten seien durchgehend
mit Muslimbrüdern oder Salafisten besetzt, unter 48 Ministern gebe es nur eine
Christin, die Forschungsministerin. Mursi habe versprochen, eine christliche
Politikerin als Vizepräsidentin zu ernennen, nichts sei geschehen. Die Kopten
würden „systematisch marginalisiert“. Auch die Armee sei längst von
Muslimbrüdern und Salafisten infiltriert. Die Übergabe der Macht an die
Muslimbrüder sei „Staatsverrat“ gewesen. Die Überzeugung vieler Ägypter sei,
dass die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton bei Feldmarschall Tantawi
angerufen und mit der Streichung der Militärhilfe gedroht habe; daraufhin sei
innerhalb von 30 Minuten das Ergebnis der Präsidentenwahlen zu Gunsten von
Mursi gekippt worden, obwohl Ahmed Shafik Zaki der eigentliche Sieger gewesen
sei.
Nicht
nur die Kopten, auch viele liberale und moderate Muslime seien mit der
Präsidentschaft Mursis nicht einverstanden, weil „Menschenwürde, Freiheit, die
Sorge um Lebensstandard, Arbeitsplatzbeschaffung, gesundheitliche Versorgung
usw. auf der Strecke bleiben“, unterstrich Anba Damian. Die Regierung versuche
mit allen Mitteln, das Volk „unter Kontrolle“ zu halten, oppositionelle
Meinungen würden nicht geduldet, ihre Träger oftmals attackiert und verletzt.
Der koptische Bischof nannte das Beispiel des koptischen Unternehmers und
Milliardärs Naguib Sawiris, der im Zug der ägyptischen Revolution die säkular-liberale
„Partei der Freien Ägypter“ gründete, um die Vereinnahmung von Politik und
Gesellschaft durch die islamistischen Parteien zu stoppen. Seither sei Sawiris
tagtäglich einem intensiven Mobbing ausgesetzt, das sich sowohl gegen seine
Person als auch gegen seine Unternehmen richte. Viele der Drohungen kämen über
„Facebook“. In einem Interview mit der BBC
habe Sawiris die westlichen Länder angeklagt, ein Stillhalteabkommen mit den
Islamisten getroffen zu haben und dadurch die Werte der ägyptischen Revolution
– Demokratie und Freiheit –, die auch die Werte des Westens seien, zu verraten.
Ein Zeichen für die reale Haltung der Muslimbrüder sei auch die
Tatsache, dass das versprochene Gesetz über die Errichtung von Gotteshäusern –
mit dem erstmals für den Bau von Kirchen und Moscheen identische Vorschriften
gelten sollten – in der Versenkung verschwunden sei, erinnerte Anba Damian. Die
Erhaltung und Renovierung von Kirchen, insbesondere aber die Errichtung neuer
Gotteshäuser sei nach wie vor mit großen Schwierigkeiten verbunden. Dazu komme,
dass sich die Attacken von Islamisten und Salafisten gegen christliche Kirchen
unter den Augen der Polizei abspielten.
Der koptische Bischof unterstrich die hohe Verantwortung der Al
Azhar-Universität als älteste und größte sunnitische theologische Lehranstalt
der Welt: „Was dort verkündet wird, hat Auswirkungen im Alltag“. Für die
analphabetische Hälfte der ägyptischen Bevölkerung seien die Freitagspredigt in
der Moschee und das Angebot des Fernsehens die entscheidenden Elemente der
Meinungsbildung: „Was die von Al Azhar ausgebildeten Imame sagen, ist von
größter Wichtigkeit für die Bewahrung des gesellschaftlichen und
interreligiösen Friedens“. In den „Fatwas“ (islamischen Rechtsgutachten) werde
aber immer wieder die Religion im Hinblick auf politische Ziele – wie den
Machterhalt des Präsidenten – instrumentalisiert. (ende)
Quelle: per E-Mail.
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