Sonntag, 20. März 2011

Stimmt Rat für einen Vergleich? - Die syrisch-orthodoxe St.-Gabriel-Kirche in Kirchardt

Von Steffan Maurhoff

Kirchardt - Das Thema beschäftigt den Kirchardter Gemeinderat schon seit über 15 Jahren − und ein Ende scheint nicht abzusehen. Es geht um eine Krypta: eine Grablege, die die syrisch-orthodoxe Gemeinde in ihrer St.-Gabriel-Kirche einrichten möchte. 1994, als die weltliche Gemeinde den auffälligen Kirchenbau mitten im Kirchardter Industriegebiet absegnete, hatte sie eine bei den Aramäern aus religiösen Gründen vorgeschriebene Gruft für Priester ausgeschlossen. Doch seit 2005 läuft ein langwieriger Rechtsstreit zwischen den syrisch-orthodoxen Christen und dem Rathaus. Das neueste Kapitel schreibt der Gemeinderat in seiner heutigen Sitzung ab 19.30 Uhr im Rathaus. Für Bürgermeister Rudi Kübler ist der Fall klar: "Es hat sich nichts daran geändert: Wir wollen nach wie vor keine Krypta."

Baurecht

Es geht um den baurechtlichen Streit, bei dem die Kommune zuletzt eine Niederlage einstecken musste: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, bis zu dem sich die syrisch-orthodoxe Gemeinde durchgeboxt hat, verwies den Fall zurück an den Verwaltungsgerichtshof in Karlsruhe. Dieser hatte die Kirchardter Krypta zwar als in einem Industriegebiet unverträglich abgelehnt, doch bei jenem Urteil, so befand die höchste deutsche Instanz in öffentlich-rechtlichen Fragen, habe keine hinreichende Abwägung stattgefunden.

Für die weltliche Gemeinde steht indessen fest, dass sie eine Krypta kategorisch ablehnt, weil im Kirchardter Industriegebiet keine Wallfahrtsstätte entstehen soll, womöglich sogar mit negativen Auswirkungen auf die benachbarten Betriebe, die auch sonntags und im drei-Schicht-Betrieb arbeiten.

Nun also der nächste Schritt im juristischen Hickhack: Der Verwaltungsgerichtshof hat mittlerweile in Kirchardt angeklopft, ob die Gemeinde zu einem Vergleich bereit wäre. "Das wollen wir eigentlich nicht", bekräftigt Bürgermeister Rudi Kübler die Haltung der Verwaltung. Wie der Gemeinderat darüber denkt, das wird die Diskussion heute Abend zeigen. Die sonst im Vorfeld der Kirchardter Gemeinderatssitzungen auch der Presse zur Verfügung gestellten Sitzungsunterlagen sind in der Redaktion eingegangen − allerdings ohne Unterlagen für den etwas kryptisch klingenden Tagesordnungspunkt "Errichtung einer Krypta in den Räumen des Untergeschosses der syrisch-orthodoxen Kirche, Industriestraße 32 in Kirchardt − Konkretisierung der baurechtlichen Beschlussfassung und weiteres Vorgehen". Die Gemeinde will die Unterlagen aus gutem Grund erst als Tischvorlage aus der Hand geben, wie Bürgermeister Kübler auf Nachfrage erklärte: "Wir haben die Sitzungsunterlage dem Rechtsanwalt zur Überprüfung geschickt und wollen die Rückmeldung abwarten. Da kommt es auf die Begründung und auf Formalien an."

Spitzfindigkeiten

Aus Sicht der Kommune gebe es nichts Neues: "Es geht vielleicht um juristische Spitzfindigkeiten. Wir müssen hier eine hieb- und stichfeste Begründung liefern." Wie der ewige Rechtsstreit weitergehen wird − es steht in den Sternen. Zumal sich die Juristen derzeit mit baurechtlichen Fragen in den Haaren liegen.

Ein anderes Verfahren in gleicher Sache ruht derzeit vor dem Verwaltungsgerichtshof, und zwar ein bestattungsrechtliches. Dabei geht es um Abstandsvorschriften, und die sieht Kübler nicht gewahrt.

Heilbronner Stimme, 20.3.2011

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