Montag, 3. Oktober 2011

Aramäer - Endlich ein eigenes Gotteshaus in Hamburg


Montag, 03. Oktober 2011

Aramäer

Endlich ein eigenes Gotteshaus

Darauf haben die 250 Mitglieder der aramäischen Gemeinde in Harburg lange gewartet: Ihre Kirche in der Winsener Straße 187 in Sinstorf wurde offiziell eingeweiht. Das Besondere an dem Gebäude mit der markanten Fassade und dem typischen Türmchen: Bis Ende 2006 residierte in der ehemaligen Lagerhalle ein Fitness-Center.
Aramäische Kirche

Die Rückseite der aramäischen Kirche an der Winsener Straße.

Sinstorf. Die rund 1000 Gäste, darunter Vertreter aller benachbarten Gemeinden sowie Propst Jürgen F. Bollmann, die morgen zur Einweihung erwartet werden, dürften für ein kleines "Verkehrschaos" an der Winsener Straße sorgen. Pfarrer Moses Dogan lädt alle Interessierten ein: "Ab 15 Uhr kann jeder, der Interesse hat, unsere neue Kirche besichtigen."

Das hatten die HAN bereits vor zwei Jahren getan, mitten im Umbau der ehemaligen Lagerhalle. Seinerzeit waren in dem syrisch-orthodoxen Gotteshaus St. Maria und St. Shumni gerade eine große Lieferung kunstvoll behauener Kalksandsteine aus der türkischen Heimat der Aramäer eingetroffen. Mehr als 50 Tonnen Steine hatten dort, im Gebirge Tur Abdin, ein Steinmetz für den Innenausbau der ehemaligen Sinstorfer Lagerhalle gefertigt. Aus ihnen sollten Torbögen, die den Altarraum abgrenzen, sowie der Hochaltar selbst und weitere Bordüren und Verzierungen im Innern der Kirche entstehen. Pfarrer Moses Dogan erinnert sich: "Nur der Meister aus der Türkei wusste, welcher Stein wo seinen Platz hatte. Glücklicherweise haben wir hier zwei ältere Aramäer gefunden, die sich auf diese Kunst verstehen. Mit ihnen zusammen haben wir den Innenraum Stück für Stück fertiggestellt."

Auch äußerlich hat sich die frühere Lagerhalle, in der später zeitweilig ein Squash- und Fitness-Center residierte, verändert: An der Rückseite sind Türme entstanden, rundherum gibt es große Fenster im gotischen Stil. Das Grundstück wird eingerahmt von Weinstöcken. "In unserer Heimat haben wir traditionell Wein hergestellt. Das war natürlich illegal, da der große muslimische Teil der Bevölkerung keinen Alkohol trinken durfte", erzählt Moses Dogan. Die Aramäer sind Christen, ihre Sprache wurde auch von Jesus und seinen Jüngern gesprochen. Lange war die Region am Tur Abdin christlich geprägt, doch im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Aramäer vermehrt verfolgt und ermordet. Viele von ihnen flohen in die USA und nach Europa.

"Ohne die syrisch-orthodoxe Kirche wäre unsere Identität verloren gegangen", sagt Dogan. Deshalb sei es für alle Gemeindemitglieder sehr wichtig, endlich ein eigenes Gotteshaus in der neuen Heimat zu haben. "Wir freuen uns alle riesig auf den Tag der feierlichen Einweihung durch den Erzbischof. Dafür hat sich die viele ehrenamtliche Arbeit, die jeder hier geleistet hat, gelohnt."

Julia Heitmann

han-online.de

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