Samstag, 7. Januar 2012

Geistlicher Pfarrer Semun Kurt steht der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Worms vor


Wir wollen uns nicht separieren“: Pfarrer Semun Kurt steht der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde vor. Er freut sich über jeden, der sich für seine Kirche interessiert und den Kontakt sucht. Foto: pa/Pakalski

"Wir sind eine junge Gemeinde“

07.01.2012 - WORMS

Von Sandra Dörr


GEISTLICHER Pfarrer Semun Kurt steht der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Worms vor / Besorgter Blick in die Heimat

Alles, was er derzeit aus Syrien hört, macht Semun Kurt unglücklich. Der Pfarrer der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde in Worms spricht von „unserem Volk“, wenn er die Christen in dem arabischen Land meint. Die Krux: Es macht nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung aus. „Wenn Assad fällt, wird es für Christen in Syrien noch schlimmer“, sagt der Pfarrer, der seit 1992 in Deutschland lebt; seit 1999 steht er der Gemeinde vor. Er selbst hat zwei Cousins in Syrien, doch der Kontakt ist schwierig. „Viele haben Angst, ihre Situation am Telefon zu schildern“, sagt der Geistliche. Umso wichtiger ist ihm der Zusammenhalt in der Gemeinde vor Ort.

Mit seinem grau mellierten Vollbart und der schwarzen Kleidung wirkt Pfarrer Semun Kurt streng. Aus seinem Hemdkragen lugt ein weißer Kollar hervor, die Hände liegen gefaltet auf dem Schoß des 39-Jährigen, als er vom Leben in der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde allgemein und speziell in Worms erzählt.

Kein Zölibat, ansonsten mit Katholizismus vergleichbar

Immer wieder blitzt ein Lächeln in seinen Augenwinkeln auf - besonders, wenn es um die Jugend in der Gemeinde geht. Seine kleine Tochter sitzt neben ihm auf einem der sechs Sessel, die an den Wänden des hellen Wohnzimmers des Hauses im Leiselheimer Neubaugebiet stehen. Im Kamin brennt Holz, als seine Frau Tee serviert - den Zölibat gibt es in der Syrisch-Orthodoxen Kirche nicht. Ansonsten entsprechen die sieben Sakramente denen der Katholiken, wobei sie sich in ihrer Ausübung unterscheiden. „Jedes Volk vermischt Traditionen und Glauben“, erklärt Pfarrer Semun Kurt. So werden die Kinder in seiner Gemeinde beispielsweise mit der Taufe auch gleichzeitig kommuniziert und gefirmt. „Wir können ja nicht garantieren, dass jedes Kind 14 Jahre alt wird“, so der Geistliche.

Rund 120 Familien gehören der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde Worms an - etwa 500 Personen, schätzt das Oberhaupt. Das Gemeindehaus, eine ehemalige Firmenhalle, steht am Kaiser-Heinrich-Platz 5a. Seit 2001 feiert die Gemeinde dort ihre Gottesdienste, hält Versammlungen ab und pflegt das Miteinander. „Wir sind eine junge Gemeinde“, sagt Pfarrer Semun Kurt, rund 90 Prozent der Mitglieder sind Arbeiter und Selbstständige. Die meisten stammen aus der Südosttürkei; die Sprache der geistlichen Bücher ist Hocharamäisch, doch das verstehen nur wenige Mitglieder. Daher predigt Pfarrer Semun Kurt auf Syrisch.

Jugendgruppe und Fußballabteilung

Auch wenn die Gemeinde seit ihrer Gründung Mitte der 60er Jahre wächst, kennt der Geistliche die Probleme, mit denen auch andere christliche Konfessionen zu kämpfen haben. Auch seine Jugendlichen haben nicht immer Lust, in die Kirche zu gehen - zumal ein Gottesdient in der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde bis zu drei Stunden dauern kann. Umso mehr freut es ihn, dass sich neben der normalen Jugendgruppe kürzlich eine Fußballabteilung gegründet hat. „Wir gelten als Favorit in unserer Klasse“, betont Pfarrer Semun Kurt, und das Zwinkern blitzt wieder in seinen Augen auf. Fußball und die Menschen interessieren ihn mehr als Politik. „Worms“, sagt der Geistliche, „das ist unsere Heimat. Wir sind ein Teil der Stadt.“
wormser-zeitung.de

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