Harsewinkel (jau) - Eigentlich
wollte er nur ein Jahr in Harsewinkel bleiben. 24 sind daraus geworden.
Migrationsberater Yusuf Öz hat den Entschluss, so lange als
Sozialarbeiter im Wohngebiet Dammanns Hof zu arbeiten, nicht bereut.
Ende Juli ist jedoch Schluss. Der 61-Jährige geht in Ruhestand.
Im Gespräch mit der „Glocke“
spricht er über spannende, rührende und traurige Erfahrungen in dem
Job, den er ursprünglich nicht gelernt hat. Yusuf Öz, selbst Aramäer,
war zunächst in München, dann in Bochum als Maschinenbauingenieur tätig.
1988 suchte die Caritas jemanden für die Sozialarbeit in Harsewinkel.
„Ich war arbeitslos und habe den Job bekommen, unter anderem auch, weil
ich viele Sprachen spreche: Aramäisch, Türkisch, Arabisch, Kurdisch,
Deutsch und Englisch“, erzählt der Migrationsberater. Als er im Dammanns
Hof ankam, war das Wohngebiet ein sozialer Brennpunkt: viele
Nationalitäten, viele Asylverfahren, große Familien, große
Arbeitslosigkeit und sprachliche Probleme. „Die Bewohner haben nicht
verstanden, was auf sie zukommt. Ich habe sie begleitet, vermittelt und
für sie übersetzt“, sagt Öz, der anfangs vier Gruppen betreute, die sich
nicht sonderlich gut verstanden: Aramäer, Türken, Kurden und die
Aussiedler. Der 61-Jährige griff schlichtend ein.
1991, mit der Einführung der
Gemeinwesenarbeit, versuchten die Verantwortlichen, die Häuser mit
homogenen Gruppen zu besetzen. „1995 wurde das Gemeinschaftshaus für
alle Gruppen gebaut. Sie wollten den Saal dreiteilen. Wir haben sie von
einem Miteinander überzeugt“, so Öz, der sich als Bindeglied sieht. Im
Rückblick sagt der Harsewinkeler: „Früher war es hier ein Ghetto. Die
Leute hatten nichts, kannten nichts und sprachen nur ihre Muttersprache.
Behördengänge waren schwer. Das war ein Spagat in alle Richtungen.“
Heute seien die Menschen meist integriert. „Die Kinder sind in
Handwerksberufen erfolgreich oder haben studiert. Allein 80 Prozent der
Aramäer sind eingebürgert“, weiß der Migrationsberater zu berichten.
Auch seine Arbeit habe sich im Laufe der Jahre verändert: Anfangs hatte
er mit Asylverfahren zu tun, heute sind es Einbürgerungs-, Renten- und
Grundsicherungsfragen, mit denen er sich beschäftigt.
die-glocke.de
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