NZZ Online, 13. Juli 2012 07:15:19
Urteil gegen syrisch-orthodoxes Kloster im Südosten der Türkei
Das Kloster Mor Gabriel in der Türkei.
(Bild: Christian Koehn/Wikimedia)
Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel im Südosten der Türkei
hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen den türkischen Staat verloren.
Es geht dabei um fast 28 Hektaren Land. Das türkische Forstministerium
hatte dieses gemäss einem Gesetz aus dem Jahre 1950 als Wald definiert,
auch wenn es darauf nur Sträucher gibt.
Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel im Südosten der Türkei
hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen den türkischen Staat verloren.
Es geht dabei um fast 28 Hektaren Land. Das türkische Forstministerium
hatte dieses gemäss einem Gesetz aus dem Jahre 1950 als Wald definiert,
auch wenn es darauf nur Sträucher gibt. Wald darf in der Türkei nicht im
Besitz von Privatpersonen oder religiösen Stiftungen sein. Da die
christlichen Religionsgemeinschaften nicht als Rechtspersönlichkeiten
anerkannt werden, muss kirchlicher Besitz bei religiösen Stiftungen
registriert sein.
Recht oder Politik?
Das Berufungsgericht in Ankara hat kürzlich das Urteil des Obersten
Gerichts bestätigt, wonach das umstrittene Land dem türkischen Staat
gehört. In erster Instanz hatte das im 4. Jahrhundert gegründete Kloster
auf Grundlage der eingereichten Steuerunterlagen und einer
Besitzurkunde aus dem Jahre 1936 das Verfahren gewonnen. Diese Dokumente
seien inzwischen, so lautet der Vorwurf der Anwälte von Mor Gabriel,
aus den Akten verschwunden. Das Kloster prüft nun, ob es das Urteil vor
dem türkischen Verfassungsgericht oder vor dem Europäischen
Menschenrechtsgerichtshof anfechten soll. Nach Meinung
syrisch-orthodoxer Christen geht es beim juristischen Streit weniger um
Recht oder Unrecht. Dahinter steckten vielmehr Kräfte, die mit allen
Mitteln versuchten, dem Kloster die Existenzgrundlage zu entziehen und
die Christen aus dem Land zu drängen.
Kataster nach EU-Vorgabe
Ausgelöst wurden die juristischen Auseinandersetzungen durch
staatliche Landvermessungen in der gesamten Region. Diese dienen als
Grundlage für die Erstellung von Grundbüchern nach den Vorgaben der EU.
Sowohl der türkische Staat als auch drei kurdische Dörfer fordern Land,
das Mor Gabriel für sich beansprucht. Das Kloster liegt im Tur Abdin im
Südosten der Türkei nahe der Grenze zu Syrien. Es ist das religiöse und
kulturelle Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen, die sich selber als
Aramäer oder Assyrer bezeichnen. Die Zahl der Christen, die heute noch
im Tur Abdin leben, wird auf 2000 bis höchstens 4000 geschätzt.
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