Donnerstag, 26. Juli 2012

Mor Gabriel verliert Prozess

NZZ Online, 13. Juli 2012 07:15:19

Urteil gegen syrisch-orthodoxes Kloster im Südosten der Türkei

Das Kloster Mor Gabriel in der Türkei. Zoom
Das Kloster Mor Gabriel in der Türkei. (Bild: Christian Koehn/Wikimedia)

Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel im Südosten der Türkei hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen den türkischen Staat verloren. Es geht dabei um fast 28 Hektaren Land. Das türkische Forstministerium hatte dieses gemäss einem Gesetz aus dem Jahre 1950 als Wald definiert, auch wenn es darauf nur Sträucher gibt.

Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel im Südosten der Türkei hat einen jahrelangen Rechtsstreit gegen den türkischen Staat verloren. Es geht dabei um fast 28 Hektaren Land. Das türkische Forstministerium hatte dieses gemäss einem Gesetz aus dem Jahre 1950 als Wald definiert, auch wenn es darauf nur Sträucher gibt. Wald darf in der Türkei nicht im Besitz von Privatpersonen oder religiösen Stiftungen sein. Da die christlichen Religionsgemeinschaften nicht als Rechtspersönlichkeiten anerkannt werden, muss kirchlicher Besitz bei religiösen Stiftungen registriert sein.

Recht oder Politik?

Das Berufungsgericht in Ankara hat kürzlich das Urteil des Obersten Gerichts bestätigt, wonach das umstrittene Land dem türkischen Staat gehört. In erster Instanz hatte das im 4. Jahrhundert gegründete Kloster auf Grundlage der eingereichten Steuerunterlagen und einer Besitzurkunde aus dem Jahre 1936 das Verfahren gewonnen. Diese Dokumente seien inzwischen, so lautet der Vorwurf der Anwälte von Mor Gabriel, aus den Akten verschwunden. Das Kloster prüft nun, ob es das Urteil vor dem türkischen Verfassungsgericht oder vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anfechten soll. Nach Meinung syrisch-orthodoxer Christen geht es beim juristischen Streit weniger um Recht oder Unrecht. Dahinter steckten vielmehr Kräfte, die mit allen Mitteln versuchten, dem Kloster die Existenzgrundlage zu entziehen und die Christen aus dem Land zu drängen.

Kataster nach EU-Vorgabe

Ausgelöst wurden die juristischen Auseinandersetzungen durch staatliche Landvermessungen in der gesamten Region. Diese dienen als Grundlage für die Erstellung von Grundbüchern nach den Vorgaben der EU. Sowohl der türkische Staat als auch drei kurdische Dörfer fordern Land, das Mor Gabriel für sich beansprucht. Das Kloster liegt im Tur Abdin im Südosten der Türkei nahe der Grenze zu Syrien. Es ist das religiöse und kulturelle Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen, die sich selber als Aramäer oder Assyrer bezeichnen. Die Zahl der Christen, die heute noch im Tur Abdin leben, wird auf 2000 bis höchstens 4000 geschätzt.

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