Dienstag, 18. Dezember 2012

Aufregung um geplanten Neubau einer syrisch-orthodoxen Kirche in Istanbul



Istanbul, 17.12.12 (poi) In Istanbul gibt es Aufregung um den geplanten Neubau einer syrisch-orthodoxen Kirche. Einerseits wurde es von den Christen der Bosporus-Metropole als sensationell empfunden, dass erstmals seit Ausrufung der Republik im Jahr 1923 die Erlaubnis für den Neubau einer Kirche erteilt wurde. Andererseits gibt es Auseinandersetzungen um das zugewiesene Grundstück, bei dem es sich um einen alten römisch-katholischen Friedhof mit einer Kapelle handelt.

Die Stadtverwaltung von Istanbul hatte am 10. Dezember die Erlaubnis für den Kirchenneubau gegeben und der syrisch-orthodoxen Kirche einen Teil eines alten römisch-katholischen Friedhofs auf der europäischen Seite des Bosporus zugewiesen. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Bakirköy, Yervant Özuzun, erklärte vor Journalisten, es sei nur ein Teil des Friedhofs für den Kirchenbau umgewidmet worden, die Erhaltung der Gräber und der katholischen Kapelle sei gesichert, auch die Denkmalschutzbehörde habe ihre Zustimmung erteilt. Im übrigen sei der Friedhof seit 1951 städtisches Eigentum. Dem widersprach der katholische Priester Bruno Simonelli. Der Friedhof sei seit 1868 Eigentum der italienischen Gemeinde. „Wir sind durchaus bereit, den Syrisch-Orthodoxen einen Teil des Grundstücks zu überlassen, allerdings muss zunächst wieder das Eigentumsrecht an uns als die rechtmäßigen Eigner übertragen werden“, so Simonelli wörtlich im Gespräch mit der Zeitung „Radikal“. Eine Entscheidung über die Köpfe der italienischen Gemeinde hinweg sei nicht hinnehmbar: „Wir können über diese Transaktion der Stadtverwaltung nicht ruhig bleiben, solange man nicht mit uns verhandelt“.

Daraufhin meldeten sich führende Laien der syrisch-orthodoxen Gemeinde mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Wir wollen keine Kirche auf den Gebeinen der Toten“ zu Wort. In der Stellungnahme wird betont, dass die Entscheidung, Eigentum einer anderen Kirche für den Bau eines syrisch-orthodoxen Gotteshauses zur Verfügung zu stellen, im Zusammenhang mit dem „skandalösen Urteil“ des Obersten Appelationsgerichtshofs gegen das Kloster Mar Gabriel bei Mardin gesehen werden müsse. In Mar Gabriel habe man syrisch-orthodoxes Klosterland dem Staat zugeschanzt, jetzt wolle man mit der Zuteilung eines Grundstücks für einen Kirchenneubau bei den syrisch-orthodoxen Christen und in der Öffentlichkeit „Eindruck schinden“. Die Syrisch-Orthodoxen in Istanbul hätten das Recht auf den Neubau einer Kirche, „aber diese Lösung wollen wir nicht“. Das Friedhofsgrundstück müsse seinen rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden, die Stadtverwaltung müsse ein anderes Grundstück zur Verfügung stellen, „bei dem es keine Probleme gibt“.

In Istanbul wird die Erlaubnis zum Bau eines Gotteshauses für die syrisch-orthodoxe Kirche auch mit der laufenden Diskussion um die geplante Errichtung von zwei neuen großen Moscheen in Zusammenhang gebracht: In Camlica, auf der asiatischen Seite des Bosporus, soll die größte Moschee der Millionenstadt entstehen, auch auf dem zentralen Taksim-Platz ist ein Moscheebau geplant. Mehrere Aktionsgruppen wollen durch Einsatz aller juridischen Mittel vor allem den Moscheebau auf dem Taksim-Platz verhindern.
pro-oriente.at

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