Mittwoch, 29. August 2012

Der Syrisch-Orthodoxe Verein Amriswil feiert sein 20-Jahr-Jubiläum.

Tagblatt Online, 29. August 2012 16:50:14

Verein ist eine Ersatzheimat

Der Syrisch-Orthodoxe Verein Amriswil feiert sein 20-Jahr-Jubiläum. Seit der Gründung hat sich bei den Aramäern nicht viel geändert. Sie bleiben auch in Amriswil ein familiäres Volk.

GIOIA ZOGG

AMRISWIL. «Die meisten aramäischen Familien, die heute in Amriswil leben, sind seit etwa 30 Jahren hier», sagt Silvia Mete-Eyyi. Sie ist Aramäerin und in Amriswil aufgewachsen. Auch ihre Eltern kamen vor 35 Jahren aus der Türkei in die Schweiz, zuerst ins Tessin, dann nach Amriswil. «Wir ziehen meist dorthin, wo schon andere Aramäer leben.» Einzelne Familien gäbe es hierzulande kaum.
Mit etwa 50 angehörigen Familien ist die aramäische Gemeinde Amriswil eine der grösseren in der Schweiz. In der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde Amriswil (Soga) haben sie sich vor 20 Jahren zu einem Verein zusammengeschlossen. Am 1. September feiern sie nun ihr Jubiläum.

Zeit für graduelle Integration

Der Verein sei so etwas wie eine Ersatzheimat, sagt Silvia Mete-Eyyi. Eine Möglichkeit, um die eigene Kultur und die aramäischen Bräuche zu pflegen und – besonders auch für Jugendliche – kennenzulernen. Die aramäische Gemeinschaft habe hier einen Treffpunkt, um Feste zu feiern, den Heiligen zu gedenken oder um die Verstorbenen zu trauern. So gesehen gab es im Verein seit seiner Gründung kaum Veränderungen. In den 20 Jahren habe aber eine graduelle Integration stattgefunden.
Die Generation ihrer Eltern sei früher oft einfach als türkisch-stämmig eingestuft worden, sagt Silvia Mete-Eyyi. Obwohl von den Vereinsmitgliedern fast alle türkische Wurzeln haben, seien sie vormals Aramäer und damit Christen. Um sich als solche in der Schweizer Bevölkerung zu verankern, sei etwas Zeit nötig gewesen. Von der Gemeinde und der katholischen Kirche erhält der Verein viel Unterstützung. So ist es der Soga möglich, am Sonntag den syrisch-orthodoxen Gottesdienst abwechslungsweise in den katholischen Kirchen Amriswil, St. Gallen oder Flawil durchzuführen.

Mehr Struktur als früher

Heute ist im Verein auch die zweite Generation sehr aktiv. Durch das Engagement der Jungen sei die Organisation etwas strukturierter, sagt Silvia Mete-Eyyi. Die Aktivitäten sind zahlreich. So wird zum Beispiel je nach Brauch an den Feiertagen zusammen gekocht oder es finden Referate zu aktuellen Themen statt. Auch Männerabende, Ausflüge, private Feste oder Gedenkfeiern werden vom Verein organisiert. Zudem unterrichten zwei Lehrer auf drei verschiedenen Niveaus Aramäisch – übrigens nicht nur für Vereinsmitglieder.
Auch zwei Ableger hat die Soga heute. Der Frauenverein, der teilweise die Verpflegung bei Feiern organisiert oder verschiedene Anlässe für Kinder veranstaltet, und der neugegründete Jugendverein «Treffpunkt Suryoye» – zu deutsch «Treffpunkt Aramäer».

Herausforderungen für Zukunft

Als Aramäerin nimmt Silvia Mete-Eyyi ihrer Kultur entsprechend jeden Tag für sich und denkt nicht an das Morgen. Als Vorstandspräsidentin des «Treffpunkt Suryoye» hat sie aber eine etwas andere Sicht, was in naher Zukunft die grosse Herausforderung sein wird: «Die Jugendlichen dürfen das Interesse an ihrer Heimat und Religion nicht verlieren.» Wichtig seien deshalb neue Ideen und ein spannendes Jahresprogramm.
tagblatt.ch/

1 Kommentar: