Samstag, 28. April 2012

Gestern war Ostern – für die Syrisch-Orthodoxen

Erst am gestrigen Sonntag hat die syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien die Auferstehung Christi gefeiert. In der Füssener Sebastiankirche am Alten Friedhof versammelte sich die Gemeinde zum Ostergottesdienst mit Pfarrer Yevnon Cepe.
Gestern war Ostern – für die Syrisch-Orthodoxen
Mit kleinen Kindern komme man meist später, denn die Feier dieses Mysteriums könne sogar etwas länger als drei Stunden dauern, erklärten Eltern auf dem Weg zum Gotteshaus. Es wird für die Ankömmlinge allerdings schwer, noch Plätze zu finden. Nach dem Messebesuch wünscht man sich herzlich „frohe Ostern“, dann löst sich die große Gruppe vor dem Kirchengebäude in der Altstadt nahe dem Franziskanerkloster nach und nach auf.
„Wir treffen uns nach dem Kirchenbesuch traditionell zu einem großen Essen, das im Familienkreis immer zuhause stattfindet“, erläutert Matthias Günes. Am Nachmittag werden dann die Verwandten besucht, wie er erklärt. „Ostern ist das größte Fest und damit für uns wichtiger als Weihnachten.“
In der Sprache Christi
Die orthodoxen Christen zelebrieren auch in Füssen die Messe in Aramäisch – der Sprache Jesu. Für „die Aramäer“ hat der gregorianische Kalender, in dem die Feste der römisch-katholischen Kirche festlegt sind, keine Gültigkeit. Ihr bedeutendstes Ereignis Ostern feiert die syrisch-orthodoxe Kirche nach einem korrigierten Kalender.

Das hat zur Folge, dass die gläubigen Christen in einer Stadt wie Füssen das Osterfest sogar mit einem mehrwöchigen Zeitunterschied – wie zum Beispiel im kommenden Jahr 2013 – begehen werden. Die syrisch-orthodoxe Kirche orientiert sich mit den anderen altorientalischen Kirchen seit dem ersten ökumenischen Konzil von Nicea (325) am julianischen Kalender. Deshalb gibt es nur alle vier Jahre ein gemeinsames christliches Ostern für die Ost- und Westkirchen.
 
Füssen (ha) | 16.04.2012 00:00 Uhr

 all-in.de

Kloster Mor Gabriel ruft Europäischen Gerichtshof an

Das Kloster Mor Gabriel ist eines der ältesten Klöster der Christenheit.  (Bild: picture alliance / dpa / Aktion Mor Gabriel)
Das Kloster Mor Gabriel ist eines der ältesten Klöster der Christenheit. (Bild: picture alliance / dpa / Aktion Mor Gabriel)

 Syrisch-orthodoxe Christen in der Türkei unter Druck

Von Gunnar Köhne

Mor Gabriel, im dritten Jahrhundert von syrisch-orthodoxen Mönchen gegründet, zählt zu den ältesten Klöstern weltweit. Bis heute singen die Mönche Choräle in Aramäisch, der Sprache, die auch Jesus gesprochen hat. Doch ein Landstreit gefährdet die Existenz der Anlage im Südosten der Türkei.
Sonntagsmesse auf heiligem Boden. Seit über 1600 Jahren wird hier, in der Klosterkirche Mor Gabriel gebetet. Nicht nur für die kleine Gemeinde der syrisch-orthodoxen Christen im äußersten Südosten der Türkei ist dieser unscheinbare Ort das zweite Jerusalem.

Das Kloster, massiv errichtet aus einem für die Gegend typischen hellen Kalkstein, liegt auf einem Hochplateau, dem Tur Abdin, zu Deutsch: Berg der Knechte Gottes. Jedes Jahr kommen Hunderttausende Pilger aus der ganzen Welt hierher. Die angestammte syrisch-orthodoxe Bevölkerung dagegen hat den Tur Abdin in den letzten 50 Jahren verlassen - der Diskriminierung überdrüssig oder vertrieben von der Gewalt zwischen Kurden und dem türkischen Staat. Nur die Mönche von Mor Gabriel und drei weiteren Klöstern hielten hinter ihren Mauern aus.

Doch nun droht auch dem Kloster Mor Gabriel Gefahr. Es geht um mehrere Gerichtsverfahren, in denen der Orden beschuldigt wird, illegal Land besetzt zu haben. Geklagt haben umliegende kurdische Dörfer, aber auch die staatliche Forstbehörde. Sükrü Aktas, Sprecher der Klosterstiftung, vermutet hinter der Auseinandersetzung politische Motive:

"Das Kloster besitzt keine eigenen Einnahmen. Die Äbte leben von Spenden und von dem, was die Landwirtschaft auf dem umliegenden Anwesen hergibt. Wenn man dem Kloster das auch noch nimmt, dann wird das negative Konsequenzen für dessen Existenz haben. Ohne diese Ländereien wird das Kloster langfristig nicht überleben können."

Landvermessungsarbeiten hatten die Streitigkeiten ausgelöst. Die Prozesse sorgen auch in Europa für Aufsehen. Politiker äußern sich besorgt über die Religionsfreiheit für Christen in der Türkei.

Dabei hat sich die Situation der Syrisch-Orthodoxen in ihrem Stammland rund um die Stadt Midyat durchaus verbessert. In einem Kirchenkomplex in der Altstadt werden Kinder am Nachmittag wieder in Aramäisch unterrichtet, jener uralten Sprache, die auch schon Jesus gesprochen haben soll. Noch in den 90er-Jahren wäre ein solcher christlicher Religionsunterricht in der Türkei strafbar gewesen, berichtet der Lehrer der Kirche, Ayhan Gürkan:

"Wir können diesen Unterricht nur dank Spenden aus Europa aufrechterhalten. Von offiziellen Stellen wird der Unterricht bloß geduldet. Von den Spenden aus dem Ausland werden auch unsere Schulbücher gedruckt."

Dennoch: Immer mehr Syrisch-Orthodoxe kehren in ihre Heimat zurück. Mit ihren Ersparnissen bauen sie sich ganze Dörfer neu rund um ihren heiligen Berg Tur Abdin.

Einer der Rückkehrer ist Yakup Gabriel, er kehrte mit seiner Frau bereits vor zehn Jahren aus der Schweiz in die Türkei zurück. Aus seiner stattlichen Villa will er nun ein Hotel machen. Denn seit in dieser Gegend die Gewalt zwischen der PKK und der Armee nachgelassen hat, besuchen immer mehr Touristen den Tur Abdin. Dabei hatten die Gabriels an Rückkehr gar nicht gedacht:

"Als wir nach Europa geflüchtet waren, sind wir gegangen, um nie wieder zurückkehren. Aber nach einigen Jahren hat sich unser Volk in Europa organisiert - wie wir das doch schaffen können. Und dann ist es Schritt für Schritt eben so gekommen."

Auch in eine Weinkelterei hat Gabriel investiert - eine jahrtausendealte Tradition der Aramäer hat er damit wiederbelebt. Für diese Investition erhielt er sogar Zuschüsse vom türkischen Staat.

Der Wohlstand vieler christlicher Rückkehrer schürt Neid in den armen kurdischen Dörfern des Tur Abdin. Diese Menschen leben fast ausschließlich von der Viehhaltung - das Klosters Mor Gabriel nehme ihnen angestammte Weideflächen, klagen sie. Ihre Anzeigen gegen das Kloster hätten aber nichts mit Christenhass zu tun, sagen die Männer des Dorfes Yayvantepe, die sich auf niedrigen Plastikstühlen vor dem Teehaus versammelt haben:

"Wir haben ihnen immer wieder die Hand gereicht zu einem Kompromiss um das Weideland. Aber sie haben abgelehnt. Trotzdem haben wir uns gegen sie zurückgehalten, weil sie ja eine Minderheit sind."

"Die Aramäer haben uns gesagt, wir haben Geld und Einfluss, gegen uns könnt ihr nicht gewinnen. Na gut, haben wir gesagt, aber wir haben Allah auf unserer Seite."

In einigen der Gerichtsverfahren Verfahren obsiegte das Kloster, in anderen unterlag es. Nun hat Rudi Sümer, der Anwalt von Mor Gabriel, den Europäischen Gerichtshof angerufen:

"Schon in den 90er-Jahren wurde die Mauern um die Ländereien des Klosters aus Sicherheitsgründen erhöht und verbreitert. Damals gab es dagegen von keiner Seite Einwände. Doch zehn Jahre später heißt es plötzlich, die Mauern verliefen illegal durch ein Waldstück. Darum gibt es gegen den Vorsitzenden der Klosterstiftung auch noch ein Strafverfahren."

Am heiligen Berg Tur Abdin leuchten nachts wieder die Kreuze an Kirchen und Klöstern. Doch der Streit ums Land droht den Neuanfang der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei zu stören.

12.04.2012
 dradio.de/

Hopes to Revive the Christian Area of Turkey

The New York Times, April 4, 2012

IDIL, TURKEY — Clambering over the rubble of what was once his hometown, Robert Tutus pointed to a spot just up the road from where his family’s house had stood.
“This is where my father was assassinated,” he said. “Two men walked up to him as he was returning home one evening, and killed him with a bullet to his head.”
His father, Sukru Tutus, was the last Christian mayor of Azeh, known as Idil in Turkish, a town in southeastern Anatolia that traces its Christianity back to the time of the Apostles.
Within a month of his killing, which happened on June 17, 1994, Mr. Tutus recalled last month, the remaining Christian population of the town, several hundred people at the time, had gathered their belongings and fled to asylum in Western Europe.
The departure marked the end of the Christian era of Azeh, which had been a bishop’s seat as early as the second century and home to a Christian population of several thousand until the late 1970s.
Only ruins scattered about the hillside remain of their town today, while above it shabby concrete buildings rise to form the new town of Idil, inhabited by local Kurds and Arabs as well as a few Turkish administrators on temporary postings to the east.
And then there is Mr. Tutus, 42, camped out in an apartment in one of those buildings while he tries to reclaim his father’s properties and rebuild his parental home among the ruins on the hillside.
“This is our home, the home of the Syriac people,” Mr. Tutus said. “We will not give it up.”
The plateau of Tur Abdin, upon which Idil lies nestled between the Syrian plain and the mountain ranges of southeastern Turkey, is the historical heartland of the Syriac Orthodox Church, whose patriarchate resided here until tensions with the Turkish republic pushed it to move to Syria in 1933.
The region is still dotted with Syriac churches like Mor Gabriel, which was founded in the year 397 and is one of the oldest active monasteries in the world today. But apart from the monks, very few Syriacs remain.
A century ago, they numbered 200,000 here, according to the European Syriac Union, a diaspora organization. Some 50,000 survived the massacres of Anatolian Christians during World War I, in which the Syriac people shared the fate of the Armenians. Today, no more than 4,500 Syriac Christians, who speak a local dialect of the Aramaic language as well as Arabic, Turkish and Kurdish, remain in Tur Abdin.
In Azeh, which held out against a siege by surrounding Kurdish villages for months in 1915, the final push in the age-old power struggle over the town began in 1977, when Mayor Sukru Tutus was deposed by the Turkish authorities in what his successor, Abdurrahman Abay, today freely acknowledges was a rigged election.
“The military commander, the judge, the district governor — they encouraged me to run and they helped me” to win, Mr. Abay, chief of the powerful Kurdish Kecan tribe, said last month over a glass of tea in Idil. “After the election, I received a telegram from Egypt, from Anwar el-Sadat. It read: ‘I congratulate you on the Muslim conquest of Idil.”’
The takeover brought the dramatic shift in the town’s demographics that was completed in 1994, with Kurds from the surrounding villages moving in as Syriac families sold up and joined the rising flow of Christian migration from the Tur Abdin to Europe.
Today, 80,000 Syriacs from the Tur Abdin live in Germany, 60,000 in Sweden, and 10,000 each in Belgium, Switzerland and the Netherlands, according to estimates from the European Syriac Union.
Mr. Tutus found political asylum in Germany, together with his mother, six sisters and three brothers, all but one of whom have since acquired German citizenship and settled there.
A decade later, he was one of the first exiles to accept the Turkish government’s public invitation to Syriacs to return home. It was issued in 2001 under pressure from the European Union and repeated on several occasions.
Although he carries a German passport, Mr. Tutus spends much of his time in Idil, where he has overseen the restoration of the Church of St. Mary and last year founded an Association for Syriac Culture.
“Our aim is to keep the Syriac language and culture alive in Idil, and to remind people that this is the home of the Syriacs,” Mr. Tutus said.
Although the association’s office was fire-bombed this year, Mr. Tutus remains undeterred.
“We want the world to see that Syriacs still live here,” he said.
It is a desire he shares with hundreds of pioneering Syriacs across the Tur Abdin, who have returned from exile in Europe in recent years in an attempt to reclaim their heritage and pave the way for a Christian resettlement of the region.
In the village of Kafro, 50 kilometers, or 30 miles, west of Idil, villagers out for a stroll in the spring sunshine on their neatly stone-flagged street last month gathered around a baby carriage to coo over its occupant. They were admiring Nahir Demir, 1 year old, the first offspring of his family to be born in Kafro since the Syriac village was abandoned by order of the Turkish Army in 1994.
“My father was the last to go,” said Aziz Demir, 45, mayor of the newly rebuilt village. The order to evacuate, he recalled, came at the height of fighting between the army and Kurdish rebels in this region.
But when permission to return was issued in a brief bureaucratic directive by the Turkish government in 2001, the Syriacs of Kafro rushed back from Europe to rebuild their village and to resettle their children in an ancient land they had never seen.
A dozen modern limestone villas now rise up over the ruins of the old village of Kafro, complete with walled gardens and pink-tiled bathrooms, built with the lifetime savings of Syriacs returning from decades in the factories of Germany, Switzerland and Sweden.
Six years after the first moving trucks arrived, Kafro’s population is around 50 and rising, despite the hazards. Both schooling and employment prospects are poor in this impoverished region, where neighboring Kurds herd sheep and ride donkeys to market.
“We knew it would not be easy, and we knew the risks,” said Israel Demir, 46, builder of the villas and father of little Nahir as well as of three teenage daughters transplanted from Goppingen, Germany, in 2006. “But we also know our duty.”
That duty, Mr. Demir said, lies in ensuring the future of the Syriac people.
“I feel a great responsibility, toward my children and toward my people, for safeguarding our homeland for future generations,” Mr. Demir said in an interview in Kafro last month. “Because I know that when a people leaves its land, its home, it has no choice but to assimilate. We can see it happening to our families in Europe and in America. There is a danger that in a few decades the Syriacs will cease to exist.”
Mr. Demir paid a personal price for his mission last year when he barely survived after being shot by Kurdish shepherds while trying to prevent them from grazing their flocks on village land.
But neither the hostility of the locals nor a perceived lack of support from the Turkish authorities will deter him, he said.
“I am trying to open the door to the return of our people,” he said. “I have pushed the door open. Now others must decide whether they will follow me and step through it.”
In the neighboring village of Enhil, Fehmi Isler, 50, took a more sober view of the future as he gazed out from the slim bell tower of the village church over dozens of newly restored houses, one of them his own.
“Only the older people come back, the ones who were born and raised here,” he said.
Dormant in the winter, Enhil comes alive at Easter with the arrival of 300 to 400 Syriacs exiles from Western Europe who have restored their family homes in the past few years for use as summer houses.
“But the young people won’t come, and who can blame them,” Mr. Isler said. “There’s nothing for them to do here but gaze at the cattle and collect cow patties.”
Mr. Isler, who was in Enhil to bury an aunt, who died in a retirement home in Augsburg, Germany, in keeping with her last wish, said his own five children had made the trip from Germany only once.
“No Internet, no mobile phones, no swimming pool — forget it,” he said. “And the Kurdish women yelled at the girls to show some modesty and cover up.”
In Idil, Mr. Tutus is similarly skeptical of his chances of success in attempting to persuade the Syriac diaspora to resettle in Idil. With the war raging on between Kurdish rebels and the Turkish Army, it is an uphill struggle, he said.
“Everyone talks about returning, but it’s just talk,” he said. “I’m here fighting for our return, but they’re sitting tight over there.”
Even Mr. Tutus’s wife, a Syriac herself, and his children, aged 11 and 7, will not come, preferring to stay in Frankfurt after being badly frightened during a visit to Idil.
“There was a power cut and gunfire in the street at night,” Mr. Tutus said. “After that, they refused to come back.”
nytimes.com/

Ein Bindeglied zwischen den Nationen - Yusuf Öz


Bild: Aundrup
Kennt in Dammanns Hof jeden: Migrationsberater Yusuf Öz.
Bild: Aundrup
 
 Im Gespräch mit der „Glocke“ spricht er über spannende, rührende und traurige Erfahrungen in dem Job, den er ursprünglich nicht gelernt hat. Yusuf Öz, selbst Aramäer, war zunächst in München, dann in Bochum als Maschinenbauingenieur tätig. 1988 suchte die Caritas jemanden für die Sozialarbeit in Harsewinkel. „Ich war arbeitslos und habe den Job bekommen, unter anderem auch, weil ich viele Sprachen spreche: Aramäisch, Türkisch, Arabisch, Kurdisch, Deutsch und Englisch“, erzählt der Migrationsberater. Als er im Dammanns Hof ankam, war das Wohngebiet ein sozialer Brennpunkt: viele Nationalitäten, viele Asylverfahren, große Familien, große Arbeitslosigkeit und sprachliche Probleme. „Die Bewohner haben nicht verstanden, was auf sie zukommt. Ich habe sie begleitet, vermittelt und für sie übersetzt“, sagt Öz, der anfangs vier Gruppen betreute, die sich nicht sonderlich gut verstanden: Aramäer, Türken, Kurden und die Aussiedler. Der 61-Jährige griff schlichtend ein.

„80 Prozent der Aramäer sind eingebürgert“
1991, mit der Einführung der Gemeinwesenarbeit, versuchten die Verantwortlichen, die Häuser mit homogenen Gruppen zu besetzen. „1995 wurde das Gemeinschaftshaus für alle Gruppen gebaut. Sie wollten den Saal dreiteilen. Wir haben sie von einem Miteinander überzeugt“, so Öz, der sich als Bindeglied sieht. Im Rückblick sagt der Harsewinkeler: „Früher war es hier ein Ghetto. Die Leute hatten nichts, kannten nichts und sprachen nur ihre Muttersprache. Behördengänge waren schwer. Das war ein Spagat in alle Richtungen.“ Heute seien die Menschen meist integriert. „Die Kinder sind in Handwerksberufen erfolgreich oder haben studiert. Allein 80 Prozent der Aramäer sind eingebürgert“, weiß der Migrationsberater zu berichten. Auch seine Arbeit habe sich im Laufe der Jahre verändert: Anfangs hatte er mit Asylverfahren zu tun, heute sind es Einbürgerungs-, Renten- und Grundsicherungsfragen, mit denen er sich beschäftigt.

die-glocke.de

Donnerstag, 26. April 2012

Syrisch-orthodoxer Bischofssitz von Aufständischen besetzt - Christen stehen vor dem Nichts

Syrien: 50.000 Christen von Homs haben Stadt verlassen
 
Syrisch-orthodoxer Bischofssitz von Aufständischen besetzt - Christen stehen vor dem Nichts
26.04.2012
 
Wien-Damaskus (KAP) Die Christen in Syrien werden im Bürgerkrieg zwischen den Fronten aufgerieben und stehen mittlerweile vor dem Nichts - 50.000 Christen haben bereits die Stadt Homs verlassen und in den Dörfern Zuflucht gesucht: Darauf haben die syrisch-orthodoxen Erzbischöfe Eustathius Matta Roham von Jezira und Euphrat sowie Silvanus Petros von Homs und Hama bei einem Wien-Besuch am Donnerstag aufmerksam gemacht.

Erzbischof Petros berichtete bei einem Pressegespräch, dass bereits 250 Christen ums Leben gekommen seien. Tausende Wohnungen und Häuser wurden geplündert oder zerstört. Niemand wisse, ob man jemals wieder nach Homs zurückkehren könne. Die Situation sei "ein einziges Drama". Trotzdem würden die Christen versuchen, im Land zu bleiben. Erzbischof Petros: "Wenn wir einmal auswandern wird es wohl keine Möglichkeit mehr zur Rückkehr geben."

Sein eigener Amtssitz sei schon vor einem Monat von Aufständischen beschlagnahmt worden, die dort einen Stützpunkt einrichteten. Auch ein angeschlossenes Waisenhaus habe die Kirche räumen müssen. Die Kinder seien notdürftig in Dörfern untergebracht worden. In den Dörfern gebe es für die Flüchtlings- und Waisenkinder aber keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.

Eine Lösung der Krise könne nur in einem friedlichen Dialog gelingen, betonte Erzbischof Roham: "Wir Christen sind im aktuellen Konflikt neutral. Wir wollen gute Beziehungen zu allen Konfliktparteien."

Am Mittwoch waren die beiden Erzbischöfe mit Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger zusammengetroffen. Dieser betonte die Notwendigkeit, dass der vom UNO-Sicherheitsrat geforderte Waffenstillstand von allen Seiten eingehalten werde und die syrische Regierung ihre schweren Waffen aus den Bevölkerungsgebieten zurückziehe. Nur dann könne ein politischer Dialog beginnen, dessen Ziel der Aufbau eines freien und demokratischen Rechtstaates sein müsse.

Der Außenminister sagte den Bischöfen die volle Unterstützung bei der Durchführung von Friedensgesprächen zu. Freilich gab Bischof Petros zu bedenken, dass es derzeit für einen solchen Dialog weder vertrauenswürdige Gesprächspartner noch klare politische Konzepte für die Zukunft Syriens gebe.

Erzbischof Roham und Erzbischof Petros halten sich derzeit auf Einladung von CSI ("Christen in Not") in Österreich auf.

kathweb.at

Die nützliche Geschichte vom Kloster Mor Gabriel

Volker Kauder setzt sich für den Fortbestand des Klosters Mor Gabriel ein. Foto: dpa  

Schwarz-Gelb im Bundestag Die nützliche Geschichte vom Kloster Mor Gabriel

Die Regierungsfraktionen im Bundestag bringen einen Antrag ein, um Unterstützung für das christliche Kloster Mor Gabriel in der Türkei einzufordern. Ein ungewöhnlicher Schritt, selbst wenn Unionsfraktionschef Kauder bekennender Christ ist. Doch hinter seinem Antrag steckt mehr. Berlin – In Mor Gabriel, einem der ältesten christlichen Klöster der Welt, stehen die meisten Räume leer. Wo einst über tausend Mönche arbeiteten, beteten und sangen, leben heute noch ein Bischof, drei Mönche, 15 Nonnen und etwa 40 Schüler mit ihren Lehrern. Der Ort im kargen Südosten der Türkei, den syrisch-orthodoxe Christen schwärmerisch das zweite Jerusalem nennen, ist zum größten Teil verwaist. Die Geschichte von Mor Gabriel, dem im Jahr 397 gegründeten Kloster des Heiligen Gabriel, ist die lange Leidensgeschichte der Christen in der Türkei. Es ist die Geschichte einer religiösen Minderheit, die vor hundert Jahren noch 200.000 Mitglieder zählte. Heute leben in der Region Tur Abdin, dem "Berg der Knechte Gottes", gerade einmal 2000 syrisch-orthodoxe Christen. Sie sind die letzten, die hier aramäisch sprechen, die Sprache Jesu Christi. Mor Gabriel, das ist auch die Geschichte eines langen, bitteren Rechtsstreits zwischen dem Kloster und dem türkischen Staat, bei dem das Kloster über die Hälfte seiner Ländereien verlieren könnte. Der Bischof von Mor Gabriel ist inzwischen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen, um sich gegen den Zugriff des türkischen Staates zu wehren. Dieser Teil der Geschichte stößt nicht nur bei Christenfreunden, sondern auch bei Türkeiskeptikern in Europa auf großes Interesse.

 Ein Propaganda-Instrument

Volker Kauder, der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, ist ein bekennender Christ. Gemeinsam mit seiner ganzen Fraktion, gemeinsam auch mit seinem FDP-Kollegen Rainer Brüderle und dessen gesamter Fraktion, bringt Kauder am morgigen Donnerstag einen Antrag zum Kloster Mor Gabriel ein. Darin fordert der Bundestag die Bundesregierung, sich bei der Türkei für den Fortbestand des Klosters Mor Gabriel einzusetzen. Natürlich hätten Kauder, Brüderle und ihre Parteifreunde im Bundestag dieses Ziel auch viel einfacher erreichen können. Vermutlich hätte es genügt, sie hätten zum Telefon gegriffen, um Außenminister Westerwelle auf das Thema aufmerksam zu machen. Auch ein Brief an das Auswärtige Amt oder sogar das Kanzleramt wäre vermutlich nicht wirkungslos geblieben. Noch vertritt Schwarz-Gelb schließlich die Regierungsmehrheit. Ein Antrag aber ist ein öffentliches Instrument, in manchen Fällen sogar ein Propaganda-Instrument. Er genießt Aufmerksamkeit, wenn er eingebracht wird, wenn er erst eine und dann noch eine zweite Lesung durchläuft, wenn er debattiert und dann schließlich verabschiedet wird. Solche Anträge sind vor allem ein Werkzeug der Opposition; dass die Regierungsfraktionen einen einbringen, kommt nicht so häufig vor.

Stimmung machen gegen EU-Beitritt


Und so verdient es durchaus Aufmerksamkeit, wenn Kauder, Brüderle und ihre Kollegen in großer Ausführlichkeit schildern, in welchen Instanzen türkische Gerichte gegen das Kloster entschieden haben. "Das Kloster und die örtliche Gemeinde sehen sich in ihrer Existenz bedroht", heißt es in dem Antrag. "Es steht zu befürchten, dass das Kloster Mor Gabriel in mehreren seit Jahren anhängigen Gerichtsverfahren enteignet und entwidmet werden könnte. Damit droht ein Abreißen einer seit mehr als 1600 Jahren gepflegten liturgischen und klösterlichen Tradition." Man sollte Kauder zubilligen, dass er sich ernsthaft für das Schicksal der syrisch-orthodoxen Christen interessiert. Aber sicher ist auch, dass der Fall Mor Gabriel der Union eine willkommene Gelegenheit bietet, gegen den EU-Beitritt der Türkei Stimmung zu machen. Seit fast sieben Jahren laufen die Beitrittsverhandlungen bereits in Brüssel, doch Kauder hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er einen erfolgreichen Abschluss für unmöglich hält. "Trotz einiger kleiner Fortschritte in den vergangenen Jahren", so heißt es in dem Antrag, "ist die Religionsfreiheit in der Türkei nach wie vor stark eingeschränkt. Der Umgang mit nicht-muslimischen Minderheiten entspricht nicht den Standards der Europäischen Union." Volker Kauder ist übrigens der Mann, der gerade erklärt hat, der Islam gehöre nicht zu Deutschland.

fr-online.de
Autor: Bettina Vestring
25 | 4 | 2012